Sponsoring löst Persönlichkeitsprobleme von Unternehmen

von Jens Lönneker

Unkategorisiert, unternehmen & wirtschaft, verfassungsmarketing & zielgruppen, veröffentlichungen, werbung & kommunikation

Sponsoring löst Persönlichkeitsprobleme von Unternehmen

von Jens Lönneker

Sponsoring ist mehr als nur eine andere Form der Werbung. Durch Sponsoring zeigen sich Unternehmen in einem anderen Licht – dem Lichtschein des von ihnen Gesponserten. Im Kern zielt das Sponsoring darauf ab, Aspekte der Unternehmens-Identität und -Interessen deutlich zu machen, die eher im Hintergrund stehen. Durch Sponsoring-Aktivitäten können Unternehmen zeigen, wofür ihr Herz ansonsten noch schlägt und etwas von dem Geist offenbaren, der sie „beseelt“. Sie erhalten dadurch für ihr Zielpublikum mehr Profil, werden besser begreifbar und unterscheiden sich gegenüber der Konkurrenz. In der Konsequenz bedeutet dies aber auch: Sponsoring-Maßnahmen müssen völlig anders eingesetzt und bewertet werden als klassische Werbeformen.
Sponsoring-Maßnahmen zielen unmittelbar auf einen Mehrwert, der oft auch als „psychologischer Zusatznutzen“ einer Marke bezeichnet wird. Denn das Sponsor-Engagement verzichtet auf das unmittelbare Ausloben von Produkten. Es profiliert vielmehr die Eigenarten des Unternehmens beziehungsweise seiner Marken. Wenn zum Beispiel die Telekom Radsport-Profis sponsert, werden ihre Dienstleistungsangebote nicht in besonderer Weise ausgelobt. Der Sieg des Teams Telekom bei der 1996er Tour de France erhöht jedoch den Marken-Mehrwert.
Der psychologische Zusatznutzen eines Produktes bedient sich, so die Erkenntnisse aus Marktforschungsstudien des Kölner Rheingold Instituts, einer grundsätzlichen Tendenz unserer Psyche: Unser „Seelen-Apparat“ versucht, in unsere Haupt-Handlungen möglichst viele weitere Tendenzen und Regungen unterzubringen. Der Wohnungsputz zum Beispiel wird teilweise zu einem häuslichen Kleinkrieg stilisiert, das Rauchen bedient auch Abenteuerwünsche. Produkte sind demzufolge immer mehr als sie zu sein scheinen. Auch den Unternehmen selbst wird mehr zugeschrieben als allein ihre Produkt- oder Dienstleistungsangebote. Sie sind bedeutsam als Arbeitgeber, aber auch als Repräsentanten unserer Kultur. Sie stehen für Lebensformen, Mentalitäten sowie mögliche Haltungen in einer Gesellschaft.
Der Mehrwert der Unternehmen kann in gänzlich unterschiedlichen Bereichen angesiedelt sein. Ein Unternehmen wie etwa Montblanc steht für das Bemühen um Perfektion im persönlichen Stil und Ausdruck. Die Privatbrauerei Diebels ist am Niederrhein ein regionales Symbol für wirtschaftliche Cleverness. Sponsoring versucht, derartige symbolische Qualitäten und Bilder aufzugreifen und umzusetzen. Vereine, Verbände und Kulturschaffende verspüren das und versuchen, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, beispielsweise im Sport durch das Finanzieren der Vereinstrikots.

Sponsoring verleiht höheres Ansehen

Voraussetzung für produktübergreifenden Mehrwert ist, daß Anliegen gesponsert werden, die für Konsumenten oder Zielgruppen psychologisch von großer Bedeutung sind. Das Engagement von Unternehmen wertet diese Ereignisse dann weiter auf. Viele Menschen glauben heute, daß insbesondere im Bereich des Sports nur solche Ereignisse von Bedeutung sind, bei denen sich Sponsoren engagieren. Veranschaulichen läßt sich dies etwa an Trikots der Fußball-Bundesliga-Vereine und an Rennwagen im Automobilsport: Jugendliche Fußball-Fans kaufen Trikots ihrer Idole nur, wenn sie das Sponsor-Logo zeigen. Diese Sponsor-Logos sind ebenso Insignien für die große gesellschaftliche Bedeutung der damit versehenen „Objekte“ wie die zahlreichen Marken-Embleme auf den Rennwagen und Fahreroveralls im Automobilsport. Ein Faustball-Turnier aber, das keine oder nur geringe Sponsor-Engagements aufweist, wird nicht zuletzt auch daraufhin als Ereignis einer Randsportart eingestuft.
Die Sponsoren dokumentieren durch ihr Engagement, daß sie die Bedeutung der unterstützten Ereignisse erkennen. Aber auch, daß sie selbst in puncto Einfluß und Mittel ein Unternehmen von Bedeutung sind. Sponsoring ist daher eine hervorragende Möglichkeit, wenig bekannten Unternehmen beziehungsweise Marken zu einem besonderen Ansehen zu verhelfen. Die Sponsoring-Forschung beschäftigt sich heute entsprechend stark damit, wie prominent die gewählte Sponsoring-Bühne ist. Zentraler Maßstab ist die Zahl der Zuschauerkontakte. Der Analyse von inhaltlichen Wirkungen dagegen widmet sich die Forschung nur zögerlich. Da die inhaltlichen Wirkungen nicht unmittelbar produktbezogen sind, fällt die Bewertung schwer. Doch gerade von ihnen hängt ab, ob ein positives Förderungsverhältnis entsteht.

Keine Wirkung ohne gegenseitige Förderung

Damit eine Sponsoring-Maßnahme Wirkung erzielt, muß der Sponsor zu einem wichtigen Teil des unterstützten Ereignisses werden. Er muß den Gesponserten so fördern, daß er die Wirkungsgesetze für sich nutzen kann. Gelingt ihm dies, wird sein Engagement eine hohe Beachtung finden. Dabei kann es zu einem positiven, aber auch zu einem negativen Förderungsverhältnis kommen. Negative Auswirkungen hatte zum Beispiel der Rückzug der Wicküler Brauerei aus dem Engagement beim Fußball-Traditionsverein Wuppertaler SV, als dieser aus der 1. Bundesliga abstieg. Bei den Fans in der Region entwickelte sich daraufhin eine Art „Dolchstoßlegende“, wobei Wicküler die Rolle des Verräters zugewiesen wurde.
Hier wird deutlich, welche negativen Folgen es haben kann, wenn der Sponsor die Wirkungsgesetze verletzt. Er darf und muß den Gesponserten zum Beispiel laut und mit ganzem Gewicht ankündigen, wie es etwa die Präsentatoren bei Boxkämpfen oder Pop-Konzerten tun. Der Sponsor darf aber niemals selbst zur Hauptfigur werden. Dann schlägt die Stimmung um, und die Sponsoring-Beziehung wird gestört. Die bislang in Deutschland zu beobachtenden Formen des Presentings sind jedoch häufig hölzern und geraten meist zu einer reinen Selbstdarstellung des Sponsers.

Das Medium ist die Botschaft

Werbemedien stellen unterschiedliche Umfelder für Werbebotschaften bereit. Die qualitative Analyse zeigt, daß Medien sich darin unterscheiden, ob sie sich mehr für produkt- oder stärker für produktübergreifende Werbemaßnahmen eignen. Sponsoring ist das Medium, das am konsequentesten allein auf den psychologischen Mehrwert der Produktverwendung ausgerichtet ist. Denn: Sponsoring verzichtet auf konkrete Produktbotschaften. Geworben wird primär über die Qualitäten des Gesponserten. Das Medium ist hier wirklich selbst die Botschaft.
Damit eignet sich Sponsoring besonders gut für Unternehmen beziehungsweise Marken, denen es an „Persönlichkeit“ fehlt und die bislang überwiegend mit Produkteigenschaften argumentieren. Diese Chance wurde bislang jedoch kaum erkannt. Erheblich häufiger sind dagegen Unternehmen im Sponsoring aktiv, die bereits über recht ausgeprägte „Persönlichkeiten“ verfügen. Sie sind meist offensiver und wollen Sponsoring nutzen, um ihr Profil weiter zu stärken oder positiv umzugestalten. Bei ihnen besteht aber schnell die Gefahr, daß inhaltliche Momente zugunsten prominenter Bühnen vernachlässigt werden. Dies läßt sich an der Frage verdeutlichen, ob das Sponsoring von Fußball-Großereignissen durch diverse, unterschiedliche Biermarken nicht letztlich dazu führt, daß der erhoffte Nutzen nicht für die jeweilige Marke, sondern für den gesamten Produktbereich Bier erzielt wird.
Die Praxis zeigt, daß es den Sponsoring-Partnern oft schwerfällt, sich selbst realistisch einzuschätzen. Andere sind eben oft leichter zu beurteilen als die eigene Person, das eigene Unternehmen. Wie bei einer guten Beziehungsberatung kann auch beim Sponsoring, so die Erfahrungen des Rheingold Instituts, die Konsultation eines unabhängigen Dritten eine wertvolle Hilfe auf dem Weg zu einem positiven Förderungsverhältnis leisten.