Gute Werbung – Schlechte Werbung

von lönneker & imdahl rheingold salon

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Gute Werbung – Schlechte Werbung

von lönneker & imdahl rheingold salon

Wann ist Werbung eigentlich gute Werbung? Lesen Sie dazu hier den Bild-Beitrag von und mit Ines Imdahl im Wortlaut:

12 Nostalgie-Werbespots,die wir schmerzlich vermissen

Hier verraten Werbe-Experten das Geheimnis von Diebels Alt, Langnese & Co.

„Eine Allianz fürs Leben …”

Na, kennen Sie noch die Melodie? Der TV-Spot des deutschen Versicherers flimmerte Anfang der Achtziger durch die deutschen Wohnzimmer. Richtige Kurzfilme waren das, in denen immer eine herzerwärmende Geschichte aus dem Leben erzählt wurde.

Noch heute haben die Clips das Zeug, ein gutes Gefühl zu schaffen! Kein Wunder, sagt Werbepsychologin Ines Imdahl von der Agentur „Rheingold Salon“ in Köln, die unter anderem an dem Werbespot zu Diebels Alt („Ein schöner Tag…“) mitgearbeitet hat. Denn genau darauf zielt gute Werbung ab.

Die Kraft der Jingles

„Ein richtig guter Werbespot lässt sich immer mitsprechen oder singen – das rundet die Werbebotschaft ab. Gesungene Jingles sind besonders berührend und sehr einprägsam, aber leider ist das in der letzten Zeit aus der Mode geraten“, so Expertin Ines Imdahl. Heute werden überwiegend einfache ‚Audiojingles‘ (z.B. Telekom, Audi) eingesetzt.

Schade eigentlich, denn „ein guter Werbespot ist wie ein Ohrwurm – man wird ihn nicht mehr los. Weil er die Stärke der Marke, für die er wirbt, treffend und merkfähig auf den Punkt bringt“, weiß auch Roland Bös, Geschäftsführer der Werbeagentur Scholz & Friends in Hamburg.

Was unterscheidet gute Werbung von schlechter Werbung?

Ines Imdahl: „Gute Werbung berührt die Menschen, indem sie die Werte der Menschen aufgreift und Situationen zur Identifikation schafft. Sie führt Menschen in Verfassungen, die sie emotional nachvollziehen können. Das muss rational nicht immer logisch sein. Gute Werbung macht Menschen ein Angebot.“

Schlechter Werbung merke man hingegen an, dass sie nur verkaufen will und dass nicht der Mensch gemeint ist, sondern nur sein Konsum.

Hier hat die Werbepsychologin Ines Imdahl die Lieblings-Spots der BILD-Redaktion genau unter die Lupe genommen. Sie erklärt, warum wir sie so lieben:

Langnese („Like ice in the sunshine …“): Die sommerliche Verfassung des Eiscreme-Essens ist wunderbar in Szene gesetzt. Auch heute verbindet man mit dem Eis-Essen noch genau die gleichen Stimmungen und erinnert sich gleichzeitig, dass dies als Kind auch schon einmal so gewesen ist.

Allianz („Wer sich Allianz versichert, der ist voll und ganz gesichert…“): Im Leben läuft nicht immer alles nach Plan, mit dieser Sorge spielt die Allianz Werbung. Sie vermittelt das Gefühl, dass Unvorhergesehenes oder Unangenehmes aber kontrollierbar ist – das schafft Vertrauen. Die Musik und die gesungenen Redewendungen beschreiben hier genau die auch visuell dargestellten Gefühle.

Palmolive („Sie baden gerade Ihre Hände drin …“): Der eigentliche Slogan befindet sich hier – wahrscheinlich ungewollt – mitten im Spot: „Sie baden gerade Ihre Hände drin“. Dieser Slogan bringt das Schonende des Produktes ideal auf den Punkt und hat somit für die hohe Werbeerinnerung gesorgt.

★ Bacardi („What a feeling …“): Dieser Spot arbeitet mit einer ‘Feierabend’-Stimmung – der Regen – am Ende eines schönen Tages, wird genutzt, um nach Hause zu kommen (bzw. im Spot wird das Haus gebaut) – und in einen gemeinschaftlichen Feierabend zu gelangen. Dass es sich um keinen Trinkexzess handeln wird, zeigt symbolisch das kleine, begrenzende Dach über dem Kopf. Barcadi ist somit eine Spirituose, die man kontrolliert zu sich nehmen kann.

★ McDonalds („Einfach gut …“): Wenn der Alltag in die komplett falsche Richtung läuft – hier symbolisch inszeniert durch eine Frisur, die man nicht haben will – dann kann McDonalds eine Erleichterung schaffen. Man kann unbekümmert und ohne Rücksicht auf Etikette – auch die Etikette wird durch die korrekte Frisur dargestellt – wieder zu sich finden. Und dann wird auch ein mieser Tag „einfach gut“.

★ Obstgarten („Ist locker leicht“): Ein gutes Beispiel dafür, dass Werbung in keiner Weise realistisch sein muss, um zu funktionieren. Das Seelische versteht die Botschaft der ‘Schwere’ – und es ist eine typische Verfassung im Arbeitsalltag aufgegriffen, wo nicht nur das Essen schwer im Magen liegen kann.

★ Caro Landkaffee („Der korngesunde Landkaffee“): Hier lag die Stärke eher in der Musik, die mit ihrem Schlagercharakter damals viele Menschen angesprochen hat. Frühstück und Kaffee wurde damals aber fast immer mit Sonne, Sonntagspicknick oder Frühstücksverfassungen inszeniert.

★ Merci („Merci, dass es Dich gibt“): Ein Beispiel, wie auch ein einziges Werbekonzept über Jahrzehnte erfolgreich verfolgt werden kann. Das Grundprinzip der Merci-Werbung funktioniert mit leichten Abwandlungen heute immer noch. „Merci, dass es Dich gibt“ ist als Slogan geblieben. Die Marke besetzt damit Situationen, in denen man kleine Dankbarkeit im Leben verspürt, das können auch ganz alltägliche Momente sein.

★ Diebels Alt („Ein schöner Tag“): Hier wird ein rundum ganzheitliches Glücks-Gefühl inszeniert – das sehr ergreifend und bewegend ist. Aber es ist auch ein sehr seltenes Gefühl, das sich kaum bei jedem Biergenuss einstellt. Wegen der Seltenheit dieses Glücksgefühls hat sich Diebels damals von dieser Kampagne verabschiedet – und konnte nicht wieder an den Erfolg anknüpfen.

★ Coca Cola („Coca Cola is it …“): Coca Cola ist ein „Initiationsprodukt“, d.h. ein wichtiges Produkt auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Das erste Mal Coca Cola heißt für Kinder/Teens – sie sind schon groß – und dieses erste Mal wird hier auf die erste Liebe übertragen. Wunderbar anrührend – und in etwas moderner Bildsprache würde es heute noch funktionieren.

★ Duracell („Hält entscheidend länger“): Eine der bekanntesten Werbungen, die einen einzigen Produktvorteil – also Benefit – bewerben: das längere Halten der Duracell-Batterie. Geschickt ist die Verwendung der Hasen als zentrales Werbeelement: Sie stellen einen unbewussten Zusammenhang her, dass länger Halten auch länger Leben bedeutet. Das schafft Emotionalität bei einem ‘kalten’ Produkt.

Warum schauen wir uns bestimmte Spots immer wieder gerne an?

Ines Imdahl: „Werbung berührt uns, wenn gesellschaftlich relevante Werte angesprochen werden. Wenn diese Themen mitschwingen und zwar so, dass sie gut zum Produkt passen, sind wir gerührt.“

Nostalgie entstehe, wenn ein Spot es schafft, dass wir uns an einen früheren Wert erinnern. Imdahl: „Wir fühlen uns dann mit unserem früheren Selbst verbunden.“ Und das fühlt sich für die meisten Menschen richtig gut an.

Übrigens: Was sich auch richtig gut anfühlt: Wenn die Frisur sitzt….